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Platz 94 Zap
Das Baby war von vornherein zum Scheitern verurteilt. Normalerweise. Doch die Zeiten waren alles andere als normal, 1968 in San Francisco. Und so konnte es überleben und Geschichte machen und die westliche Kultur beeinflussen wie wenige Comics zuvor. Zap ist kein Comic. Es ist ein Mythos. Ein Anknüpfungspunkt für wahre Geschichten voller Sex und Crime und Drama und Poesie. Z. B. die Story, als jemand Zap Nr. 2 signiert, besoffen einem weiblichen Crumb-Fan aufs T-Shirt kotzt. Entzückt glaubt die Frau sich von Crumb persönlich beglückt, schwört, das gute Kleidungsstück nie mehr zu waschen. Wir reden von zusammengeheftetem Papier, das die Rechtslage der USA verändert hat. Man erinnere sich: die rechtlichen Verwicklungen um „Keep On Truckin“ (Zap Nr. 1), die juristischen Obszönitätsdebatten. Wer wird je das Gesicht des Richters vergessen, als Crumbs Anwalt naßforsch die inzestiöse Satire auf den american way of life, „Joe Blow“ (Zap Nr. 4), mit Archie-Comics verglich. Die Zap-Clique Wilson, Spain, Griffin, Moscoso, Shelton, Williams hat von Rocker bis Esoteriker das Spektrum der Gegenkultur abgedeckt. Das widersprüchliche Nebeneinander war ihre Botschaft. Aber Crumb hat nicht nur alles gestartet, er hat immer wieder in Zap gezeigt, was man mit Comics noch alles machen kann. Man denke nur an „My Troubles With Women“ (Nr. 10) oder an „Patton“ (Nr. 11). Meilensteine. Und er hat alle an der Nase herumgeführt: Die gewollt jugendliche, radikal moderne Gegenkultur, die ihn feierte, ist niemals die seine gewesen. Seine Gegenkultur ist eine andere, eine besinnliche, melancholische. Er hat Leuten, ohne daß sie es merkten, die Schönheit vergangener Stile und Traditionen gelehrt. Künstler haben nach der Lektüre von Zap neue Ufer erreicht. Comic-Künstler sowieso. Schon kurz vor dem Erscheinen der Nummer 3 (1969) wurde das Baby von den Machern totgesagt. Die Luft sei raus, hieß es. Knapp dreißig Jahre später erscheint das vierzehnte Heft, mal wieder das letzte – wie schon die Hefte davor. Von Crumb ist nur eine kurze Story dabei, in der er erzählt, warum er nicht mehr dabei ist. Die anderen erzählen die Geschichte anders. So wird es immer sein. (Elmar Klages) Lesetipps:
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