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Platz 6

Nestor Burma
von Jacques Tardi & Leo Malet

 
Autor: Leo Malet
Zeichner: Jacques Tardi
Land: Frankreich


Frage: Der größte noch tätige Comickünstler ist? Antwort: Jacques Tardi, wer sonst?
Kaum ein anderer Zeichner ist so unverkennbar und originär; kaum ein anderer so stilistisch ausgereift, sicher und makellos; kaum einer so vorzeigbar selbst Comic-Gegnern; fast niemand so durchdacht und künstlerisch, ohne sichtbar angestrengt konzeptuell-formalen Auflagen zu folgen. Schlägt man einen Tardi-Comic auf, ist das wie ein rundum perfekt ausgepolstertes ästhetisches Nest, in das man bedenkenlos fallen kann, ohne auch nur mit den kleinsten Unbequemlichkeiten rechnen zu müssen. Von seinen frühesten Arbeiten an (seit Anfang der Siebziger), seit spätestens Der Dämon im Eis (Dargaud 1974; dt.: Ed. Moderne 1991) bis zum frischesten Werk Adeles ungewöhnliche Abenteuer Bd.9: Das Geheimnis der Tiefe (Casterman 1998; dt.: Ed. Moderne 1999) ist nahezu jedes Album ohne Abstriche gigantisch, und wenn für diese Hunderterliste Tardis Adaptionen der Kriminal- und Parisromane um den Privatdetektiv Nestor Burma von Léo Malet gewählt wurden, hat das etwas Willkürliches - einen Platz in diesen Charts hätte z.B. auch seine Adele-Serie locker verdient. Andererseits zeigen die bislang drei Nestor-Burma-Folgen Die Brücke im Nebel, Kein Ticket für den Tod und das fast 200seitige Doppelalbum 120, Rue de la gare zum einen, dass das Adaptieren fremder literarischer Vorlagen für Tardi keinen Akt der Einschränkung oder Unterwerfung darstellt, sondern vielmehr die volle Entfaltung seiner Kunst zeitigt - in diesem Punkt ist die Beziehung zwischen Romanvorlage und Comicversion (bei allem Respekt, Monsieur Malet) dem Verhältnis von Robert Blochs Psycho und Hitchcocks Verfilmung vergleichbar. Zum anderen bieten Malets Texte den Stoff, auf dem Tardis genuiner Ansatz perfekt fusst: Krieg, Krimi und vor allem Paris sind die eigentlichen Hauptdarsteller, die Tardi in üppigen Schwarz/Weiss- und Graukompositionen über ihren Status als Handlungselement oder Dekor hinaus auf eine Höhe treibt, in der andere Comicschaffende nur selten überhaupt atmen können. (Sven-Eric Wehmeyer)

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