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Platz 38

Feuer
von Lorenzo Mattotti

 
Autor: Lorenzo Mattotti
Zeichner: Lorenzo Mattotti
Land: Italien


Auf den ersten Blick könnte man es als das abhaken, wofür entsprechende Apologeten gerne die bundesverdienstkreuzgleiche Umschreibung „graphische Literatur“ hervorpopeln: sich aufdringlich galerienträchtig gerierendes Gepinsel, das vornehmlich sein Artsyfartsytum abfeiert. Über einen solchen Mißbrauch ist Mattottis Feuer von 1988 jedoch weit erhaben. Zwar liegt sein Stil nahe an Maltechniken, die unter diversen -ismen der Kunstgeschichte eingeschrieben sind (was ihn eben zum beliebten Vorzeige-Kunscht-Comic qualifiziert); doch wird hier nicht der angegammelte Heuristik-Zombie „Bildsprache“ formuliert, sondern stattdessen, ganz comic-kompatibel, mit Bildern erzählt. In der Geschichte des von den Gestalten, Feuern und Farben der geheimnisvollen Insel Sankt Agatha in Bann gezogenen Leutnant Absinth, die konsequent mit totaler Auflösung endet (Regression der Hauptfigur und Vernichtung des Aufklärungskreuzers als Farb- und Formexplosionen), verunmöglicht die perfekt ausbalancierte Einheit von „Inhalt“, „Bedeutung“ und Gestaltung die Reduktion auf den Gemäldeaspekt; Mattotti schafft eine unaufgesetzt-ausgeglichene Unwirklichkeit, in der man ihm auch Farben als Handlungsträger abnimmt. Ein visuell derart erschlagendes Experiment ist, wie an Mattottis sonstigen Arbeiten abzulesen ist, zur Einmaligkeit verurteilt. (Sven-Eric Wehmeyer)

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