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Platz 63

Grendel
von Matt Wagner u.a.

 
Autor: Matt Wagner
Zeichner: div.
Land: USA


Grendel ist ein Konzept. Am Anfang stand eine einfache Geschichte, die über die Jahre immer komplexer wurde und an der immer mehr Menschen Teil hatten.
Matt Wagner erfand die Figur in den frühen 80ern. Grendel, das war Hunter Rose, ein Wunderkind, das aus Langeweile erst Schriftsteller, dann Fechter und schließlich Boss einer gigantischen Gangster-Organisation wurde. Die Geschichte des Hunter Rose wurde schließlich so umfangreich, dass Wagner einen ersten Versuch sie zu Erzählen, abbrach und Jahre später einen weiteren Anlauf unternahm, der ihrer zunehmenden Komplexität auch gerecht wurde. "Devil by the Deed" hieß die Graphic Novel, die das Leben von Rose in verschachtelten, ornamentalen Illustrationen mit straffen Prosa-Passagen auf den Punkt brachte. In der Form eher eine Legende als alles andere.
Mehr aus der (Zeit-) Not heraus entschied sich Wagner, die Fortsetzung der Geschichte nicht selbst zu zeichnen, sondern dies anderen Künstlern zu überlassen. Und er entschied, dass keine Grendel-Geschichte der anderen erzählerisch ähneln sollte. Grendel also als eine Art Experiment in Progress.
Bei der Wahl der Zeichner ging Wagner ebenfalls nicht den einfachen Weg. Keine großen Namen, keine sicheren Sachen. Stattdessen junge, unbekannte Talente mit eigenem Strich, eigenem Stil. Die Pander-Brüder, Bernie Mireault, John K. Snyder/Ray Geldof, Tim Sale und Pat McEown; diese Namen haben zwar heute alle einen guten Klang, aber in den Rang eines Stars ist höchstens Tim Sale mit seinen eleganten Batman-Halloween-Stories gelangt.
Anfangs übertrug Wagner die Maske Grendels in einer Art Erbfolge, dann machte er einen radikalen Schnitt und verlegte die Geschichte in die ferne Zukunft. In eine Zukunft, in der Grendel fester Bestandteil der Kultur geworden ist, in der Grendel-Clane sich befehden und ein Clan-Führer sogar zum Weltherrscher wird. Getreu seinem Motto, sich nicht zu wiederholen, wechselte Wagner die Themen beständig. Von reiner Action zu hochkomplexen, politischen Epen, alles war möglich.
In den 90ern überließ Wagner dann auch anderen Autoren das Feld – und jeder hatte eine Chance, egal wie bekannt oder unbekannt er war. Er musste nur Wagner von seiner Idee überzeugen.
Wagner ist seiner Figur bis heute treu geblieben. Erst jüngst erschienen zwei bemerkenswerte Projekt: "Grendel: Black, White & Red", in dem zahlreiche Hunter-Rose-Vignetten von einem Haufen großartiger Zeichner illustriert wurde. Und "Grendel: Past Prime", ein Roman von Crime-Shooting-Star Greg Rucka.
Die Grendel-Saga mutiert also weiter. Das Experiment ist noch nicht abgeschlossen. (Bernd Kronsbein)