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Platz 36

Okami (Lone Wolf and Cub)
von Kazuo Koike & Goseki Kojima

 
Autor: Kazuo Koike
Zeichner: Goseki Kojima
Land: Japan


Itto Ogami, der Scharfrichter des Shogun, wird Opfer einer bösen Intrige. Die Häscher eines verfeindeten Clans überfallen sein Haus und töten seine Familie – nur seinen kleinen Sohn kann er retten. Als er dann auch noch eines Attentats auf seinen Herrn beschuldigt wird, bleibt eigentlich nur noch der rituelle Selbstmord, doch die Liebe zu seinem Sohn ist stärker als sein Ehrenkodex, und so wird Ogami zum „Okami“, zum einsamen Wolf, der von nun an dazu verdammt ist, mit seinem Kind heimatlos durch die Welt zu irren und sein Leben als gedungener Mörder zu bestreiten.

Schon 1970 erschien der „Okami“-Zyklus in Japan und wurde sehr schnell sehr erfolgreich – der Westen allerdings mußte sich gedulden, bis 1987 der seinerzeit amtierende Comic-Übergott Frank Miller gestand, welcher Comic ihn wie kein anderer zu seiner neuen, gefeierten, dynamischen Linie inspiriert hatte. Mit von Miller neu gezeichneten Covern und einführenden Worten erblickte „Okami“ unter dem Namen „Lone Wolf and Cub“ das Licht des amerikanischen Markts und half, die westliche Welt aus ihrem Manga-Dornröschenschlaf zu erwecken.

Selbst heutzutage sieht der 7000 Seiten starke Samurai-Epos von Kazuo Koike und Goseki Kojima immer noch reichlich modern aus. Natürlich, ein Ronin, der im Japan der Edo-Zeit einen Kinderwagen durch die Lande schiebt, das gibt es in diesem Genre nicht allzu häufig zu sehen. Ebenfalls ganz gehörig aus dem üblichem Rahmen fallend ist der üppige Aufwand um Authenzität, mit der Koike und Kojima die Kultur des fernöstlichen Mittelalters vor unseren Augen wiederauferstehen lassen – egal, ob Deko oder Bekleidung, ob Philosophie der Zeit oder alltägliche Sitten und Gebräuche; die Kulisse ist hier alles andere als schmückendes Beiwerk, sondern dermaßen grundsolide durchrecherchiert, daß jedem Geschichtsforscher die Tränen der Rührung in die Augen steigen (Nicht-Japanologen können die Details in der deutschen Ausgabe anhand historischer Nachbemerkungen vertiefen).

Doch vor allen Dingen: was „Okami“ neben dieser opulenten Historien-Inszenierung nach all den Jahren immer noch so gut funktionieren läßt, ist das Gespür seiner Autoren für filmischen Erzählrhythmus. In majestätischer Bedächtigkeit wird der Leser in die Szenen eingeführt; langsam und episch schwelt das Unheil heran, um sich schließlich in ausgiebigen, wuchtigen Actionszenen zu entladen. Wenn dann in Zeitlupe die durch die Gegend wirbelnden Angreifer durch Okamis flirrendes Schwert erlegt werden, fühlt man sich wirklich wie im Kino.

Apropos: natürlich verkauft sich ein Manga nicht über 250 Millionen mal, ohne verfilmt zu werden. Schon 1972 machte Kenji Misumi aus der Saga des einsamen Wolfs eine sechsteilige Filmreihe. Für alle, die nach 8 Bänden bei Carlsen erst so richtig auf den Geschmack gekommen sind, gibt‘s „Das Schwert der Rache“ und „Am Totenfluß“ bei One World Entertainment auf DVD. (Thomas Strauß)

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