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Platz 99 Komische Bilder
Was komisch ist, darüber hat jeder so seine eigenen Ansichten. Wirklich komisch wird‘s aber meist, wenn jemand seiner Ansicht nach vernünftig ist. Bernd Pfarrs Figuren jedenfalls handeln streng logisch, ihrer Auffassung gemäß. Und bringen dabei jede handelsübliche Auffassung von Logik zum Platzen. Wie aber sollte ein Büroangestellter, der gerade im Begriff ist, in sein Nashornkostüm zu schlüpfen und dabei von einem unangemeldeten Geist überrascht wird, anders auf diese Situation reagieren, wenn nicht ratlos? Oder eine Schrottplatz-Crew, deren abendlicher Opern-Besuch von dichtem Nebel vereitelt wurde, was könnte sie besseres tun, als wenigstens noch einmal gemeinsam das Libretto studieren? Oder wenn sich schon jemand arg verunsichert fühlt und er keinen anderen Halt weiß als ein Gummitier - warum sollte es für ihn Naheliegenderes geben, nachdem er die Sinnlosigkeit seines Tuns einsehen mußte, als es mit vier Gummitieren zu versuchen? All das muß uns doch sehr vernünftig vorkommen, denn unsere Vernunft bedient sich ja keiner anderen Methode, als aus Erfahrungen Schlußfolgerungen, aus Schlußfolgerungen Erwartungen abzuleiten. Tritt dann aber doch das Unerwartete ein, dann erscheint uns das komisch. Und das Unerwartete ist Bernd Pfarrs Metier. Mit sicherem Gespür entdeckt er unzählige Situationen, die unserer Schulweisheit bislang unbekannt waren, und verfertigt darüber „komische Bilder“ (so der Titel eines seiner lehrreichen Sammelwerke), also anschauliche Abhandlungen in Text und Illustration, die uns den Umgang mit dem Unerwarteten vertraut werden lassen. Wir reagieren darauf mit erkenntnissattem Gelächter, glücklich, wieder unverhofft etwas über die große, unfaßbare Welt draußen erfahren zu haben. Pfarrs prägnante und obendrein geschmackvoll gestaltete Bildertraktate erklären mit jedem Wort, in jedem Strich: So geht’s. So kann‘s gehen. Und: nur weil der Mensch vernunftbegabt ist, ist er auch komisch. Noch eine Erkenntnis, Pfarr sei Dank. (Martin Budde) Lesetipps:
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