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Platz 75 Mort Cinder
Mort Cinders Welt ist düster, schwarzweiß und kontrastreich, wie in alten Holzschnitten. Das Verbrechen, daß er begangen hat, ist so unsagbar grausam, das er über die Jahrtausende immer wieder zum Leben erweckt wird, um in einer anderen Inkarnation für seine Sünden zu büßen. Zu seinem Beichtvater wird der Antiquar Ezra Winston, der den Erzählungen Mort Cinders mit einer Mischung aus Abscheu und Faszination lauscht. 1962 schuf der in Uruguay geborene Zeichner Alberto Breccia und sein argentinischer Szenarist Hector Oesterheld diese Serie, sicherlich nicht Breccias beste, aber seine zugänglichste Arbeit. In Lateinamerika haben Comics einen viel höheren bildungspolitischen Stellenwert als etwa in Europa oder den USA. Sie dienen hier nicht nur der Unterhaltung, sondern auch der politischen Agitation und Aufklärung. Sieht man sich Breccias weitere Arbeiten nach Mort Cinder an, etwa die sperrige politische Parabel Perramus oder die verquaste Symbolik in Dracula, so kann man den Druck verstehen, unter dem Comics in einer Diktatur entstehen. Der Leser muß lernen zwischen den Zeilen zu lesen und Bilder auf seine eigenen Lebensumstände umzudeuten. Sicherlich kann man Mort Cinder als reines Horror-Pastiche lesen, seinen tieferen Sinn aber, die Botschaft, das Menschen auch unter den schrecklichsten Umständen weiterleben können, versteht man dann nicht. (Lutz Göllner) Lesetipps:
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