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Platz 69 Short Stories
Neben seiner markanten, ultracleanen Neo-Retro-Fifties-Grafik, die ihn auf Postern und Plattencovern bei der Alternative-Rock-Gemeinde beliebt machte (das SubPop Maskottchen Punky stammt aus seiner Feder) stehen die Geschichten von Daniel Clowes vor allem für eine skalpellscharfe Beobachtungsgabe, mit der er das Gehirn seiner Protagonisten durchleuchtet und uns einen faszinierenden Blick unter eine zunächst unscheinbare Oberfläche ermöglicht. Innere Monologe, die so überzeugend daherkommen, daß man ständig das Gefühl hat, es hier mit Autobiografischem zu tun zu haben, obwohl das meist nicht stimmt. Was 1985 mit "Lloyd Llewellyn" als Remnisenz an 50er Trashkultur begann, wurde mit Beginn der 90er in seiner Heftreihe "Eightball" zu einem höchst eigenen Universum, dessen Stories ständig auf der Grenzlinie zwischen Alltäglichkeit und Surrealismus tänzeln - und anschließend in eben jenen umkippen. Oft und gerne entsteigt Clowes auch völlig in surreale Sphären und fördert dabei nicht mehr von dieser Welt stammende paranoide Horrorthriller zutage wie "Like a velvet glove cast in iron" (deutsch "Wie ein samtener Handschuh in eisernen Fesseln" bei Reprodukt), der immer wieder mit "Twin Peaks" verglichen wurde, in seiner Krank- und Krassheit aber noch Meilen weiter geht als Lynchs Psycho-Soap. Zur Zeit sitzt Clowes zusammen mit Terry Zwigoff, dem Regisseur des "Crumb"-Films an der Verfilmung seines 98er Meisterwerks "Ghost World", mit "American Beauty" Thora Birch als Enid und Scarlett Johansson als Rebecca. Clowes hat extrem klare Vorstellungen von dem, was er als "gutes Entertainment" betrachtet und hat Hollywood schon des öftren die Tür vor der Nase zugeschlagen - diesmal aber sitzt er selbst am Hebel. So wird er also hoffentlich demnächst dem Kinopublikum vorführen, was das Comicpublikum schon längst von ihm gewohnt ist: ambitionierte, hochintelligente Charakterstudien mit morbider Note - oder um´s einfacher zu sagen: verdammt gutes Storytelling. (Thomas Strauß) Lesetipps:
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