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Platz 32 Herrn Hases haarsträubende Abenteuer
Wenn man Schuhgröße 88 trägt, tappt man offenbar leichter in irgendwelche Fettnäpfchen. Die haben es in sich: da kriegt der großfüßige Held es schon mal mit dem uralten Fluch der Tschnÿptz-Dynastie zu tun, oder er wird plötzlich zum Direktor einer überaus zwielichtigen Firma ernannt, oder die Bewohner einer abgelegenen Siedlung wollen ihn völlig grundlos kalt machen. Letztlich bleibt Herr Hase aber keine Antwort schuldig, denn obwohl er äußerst friedliebend, mitfühlend, gerecht, ehrlich und mutig ist, aufs Maul gefallen ist er deshalb noch lange nicht. Seine Gegenwehr gegen die Schwierigkeiten der Welt besteht denn auch meist in Reden: die sind oft banal und alltäglich, aber immer fein gewürzt mit französischem Esprit und manchmal mit abgründigen Absurditäten. Diese Reden im Verhältnis zu den schrägen Ereignissen machen den Witz und den Charme der Hase-Bände aus. Allerdings wird man den Verdacht nicht los, dass Hase letztlich ein Schauspieler ist, der seine Abenteuer mit treuen Freunden, dem Kater Richard, dem Hund Titi, der Ratte Pol, der Mäusin Nadia, nachspielt. Denn in jeder Geschichte wechseln sie in ein anderes Genre: so ist „Blacktown“ ein Western, „Slaloms“ eine Skinovelle, der Krimi „Walter“ spielt Ende des 19. Jahrhunderts, „Verflucht“ im modernen Paris. Und wie so mancher gute Regisseur sich selbst eine kleine Nebenrolle in sein Skript geschrieben hat, taucht auch Lewis Trondheim gern am Rande in seinen Hase-Geschichten auf. Will man dem in jedem Carlsen-Band abgedruckten Porträt Glauben schenken, sieht er einem schlecht gelaunten Vogel ähnlich, und als solcher steht er schon mal auf der Vernissage eines Freundes von Herrn Hase herum. Lewis Trondheim, mit bürgerlichem Namen Laurent Chabosy, begann seinen Herrn Hase als 500-seitiges Monsterwerk (Lapinot et les carottes de Patagonie, bislang nur auf französisch bei L´Association), das er nur zur Übung anfertigte, um Zeichnen und Erzählen zu lernen. Das konnte er damals schon verdammt gut und inzwischen noch viel besser, auch wenn er sich heute meist auf gewöhnliche 48-Seiten-Geschichten beschränkt. In manchen Zügen erinnern seine Zeichnungen vielleicht an Vorbilder wie Hergé und Franquin, bleiben aber immer unverwechselbar Trondheim, gerade in den witzigen Details wie den ungleich großen Augen – das eine ein Punkt, das andere kugelrund -, wenn mal wieder etwas grandios schiefgegangen ist. Eins ist jedenfalls überhaupt nicht schiefgegangen. Herr Hase hat so etwas wie Kultstatus erlangt, und man darf ihn wohl getrost zu den modernen Klassikern im Funnies-Bereich rechnen. (Gerlinde Althoff) Lesetipps: Linktipps:
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